Gemeinsam digital lernen

Lesedauer 3 Minuten

Social Software hilft Menschen, gemeinsam digital zu lernen. Wie die Voraussetzungen dafür aussehen müssen, erklärt Jana Hochberg von der Fernuniversität Hagen. Sie ist seit 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrgebiet Mediendidaktik an der Fernuniversität in Hagen. Sie erforscht die Hochschulentwicklung im Zusammenhang mit zeitgenössischen  gesellschaftlichen Anforderungen.

Hinweis: Sie lesen nachfolgend einen Auszug aus dem abgedruckten Artikel der Ausgabe 3 / 2019 unseres Magazins. Die jeweils aktuelle Print-Ausgabe bestellen Sie über die Formulare auf dieser Website. Wollen Sie eine ältere Ausgabe lesen, schreiben Sie uns an redaktion@datareport.de

Frau Hochberg, Sie schreiben gerade an Ihrer Dissertation mit dem Thema: Wie unterstützt Social Software Lernen an der Universität? Erklären Sie uns kurz, was Social Software ist?

Stellen Sie sich vor, Sie haben die Möglichkeit an einer Weiterbildung teilzunehmen, die Sie beruflich voranbringt. Es gibt dort Online-Events, in denen Aspekte des Themas vorgestellt werden, in einem Forum finden Sie weitere Informationen und können mit den anderen diskutieren. So ein Online-Forum ist eine Social Software-Umgebung. Sie ermöglicht den inhaltlichen Austausch und unterstützt zum Beispiel bei der selbstorganisierten Aufgabenverteilung. Sie könnten dort auch eigene Themen einbringen, die der Anbieter der Weiterbildung gar nicht berücksichtigt hat.

Social Software befähigt also zu besserem Lernen?

Wenn man sie richtig nutzt, ja. Social Software ermöglicht individuelle Erfahrungs- und Wissensaustauschprozesse. Diese sind allerdings eigenverantwortlich zu gestalten. Social Software hilft aus meiner Sicht dabei, die Vernetzung der Teilnehmer, deren Kommunikation und ihre Kollaboration zu fördern.

Die Studenten der Fernuniversität Hagen fahren nicht jeden Tag zu einem Lernort hin, sie bleiben in ihrer „eigenen“ Welt und lernen dort. Ist das schwerer als Präsenzlernen?

Die Herausforderung, der sich unsere Studierenden stellen müssen, ist sicherlich der höhere Anspruch an Selbstmotivation und Selbstorganisation. Nicht jeder kann damit gut umgehen. Sobald man beginnt, sich alleine und abgeschnitten zu fühlen, wirkt sich das auf die Lernmotivation aus. Es kann sogar zum Abbruch des Studiums führen.

Obwohl die Fernuniversität in Hagen zahlenmäßig die größte Universität Deutschlands ist, kennen viele unserer Studierenden andere Fernstudierende, die in der gleichen Straße wohnen, nicht. Daher haben sie oft den Wunsch nach einem simplen Erfahrungsaustausch über generelle Fragen: „Wie bekommst du Arbeit, Familie und Studium in Einklang?“ oder „Wie war es für dich, an der hybriden Veranstaltung teilzunehmen?“

Wie erleichtert man also den Studenten, sich räumlich und mental näher zu kommen?

Um dem Gefühl der Vereinsamung entgegen zu wirken, kombiniert die Fernuniversität in Hagen ihre Online-Lehre mit ihren dreizehn bundesweit verteilten Regionalzentren. Hier erhalten Studierende Informationen, Beratung und Unterstützung. Angebote sind zum Beispiel: Studienberatung, Präsenzseminare, Mentoriate, Hybridveranstaltungen und Selbstlerngruppen.

Sie haben in Ihren Untersuchungen drei Kernaspekte für Social Software identifiziert, die Menschen zum Lernen motivieren. Welche sind das und warum sind diese entscheidend?

Die wesentlichen Strukturmerkmale, die ich in der Konzeption von Social Software-Umgebungen berücksichtige, sind: Durchlässigkeit, Orientierung, Freiwilligkeit.

Um auf das Eingangsbeispiel zurück zu kommen: Für Sie eröffnet sich die Möglichkeit, über Ihren Arbeitsplatz an einer Weiterbildung teilzunehmen – die ursprünglich in Finnland entwickelt wurde. Für unsere Fernstudierenden eröffnet sich die Möglichkeit, über die zur Verfügung gestellten Inhalte zusätzlich mit externen Experten Kontakt aufzunehmen – deren Lehrmeinungen einzuholen. Das fällt unter das Stichwort Durchlässigkeit.

Auch die Zusammenarbeit und der Austausch in internationalen Teams, wie in Projekten zwischen Universität und Wirtschaft, werden durch Social Software unterstützt. Da die Digitalisierung aber zugleich auch die Komplexität der Möglichkeiten in den Vordergrund rückt, sind Strukturen der Orientierung nötig. Das können zum Beispiel deutlich formulierte Absprachen des Umgangs, der Arbeitsweise und zum Inhalt sein.

Ein ebenso wichtiges Strukturmerkmal ist die Freiwilligkeit. Im Kontext ständiger Veränderungen sind wir angehalten, uns mit diesen Erneuerungen auseinanderzusetzen. Dies erfordert kontinuierliches Lernen, das von jedem Individuum selbstorganisiert umgesetzt wird. Auf dieser Basis kann Lernen von und mit anderen nur freiwillig gedacht werden.

(Interview: Andrea Brücken)

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