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Banner für Heft 3/2021 mit dem Titel "Keine Frage des Vertrauens". Neben dem Schriftzug sind ein Mann und ein Roboter zu sehen. Beide winken.

KI für schnelle Diagnosen

Pro Jahr erhalten laut dem Krebsregister des Robert Koch Instituts rund 500.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Krebs. Je eher man die gefährlichen Tumore erkennt, desto höher sind die Heilungschancen. Künstliche Intelligenz (KI) könnte nun zu frühen Diagnosen verhelfen.

Von der Antike bis heute

Als Krebs werden unkontrolliert wachsende Zellwucherungen bezeichnet. Die Krankheit ist seit der Antike bekannt, aber erst seit der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts steigt die Zahl der Krebskrankten stetig an. Lag die Zahl der Neuerkrankungen 2020 weltweit bei 19,3 Millionen, wird sie laut Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis 2040 auf 30,2 Millionen klettern.

Die Medizin kennt heute mehr als 100 bösartige Krebsformen. Brust-, Prostata-, Dickdarm- und Lungenkrebs machen die Hälfte aller Krebserkrankungen aus. Vier von zehn Menschen sterben innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnose an den Folgen der Krankheit.

beenhere

Buchtipp

Jede Diagnose ist natürlich für Betroffene schwierig zu verarbeiten.
Eine Emotionsgeschichte der Krebserkrankung im 20. Jahrhundert legte die Historikerin Bettina Hitzer mit ihrem Buch „Krebs fühlen“ vor.

Bei Deutschlandfunk Kultur gibt es eine Buchkritik zum Nachhören:

Zuerst die Suche

Bei Männern ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung. Dank fortschrittlicher Methoden können Medizinerinnen und Mediziner heute etwa zwei Drittel aller Prostatatumore in einem frühen Stadium diagnostizieren.

Diagnose mit MRT und Mikroskop

Dabei kommt vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. MRT ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem Radiologen Schichtbilder vom Körper erzeugen. Im Rahmen der Krebsdiagnose spüren Ärzte auf diese Weise verdächtige Tumorherde auf, können sie anschließend gezielt biopsieren und unter dem Mikroskop untersuchen. Darüber hinaus unterstützt die MRT dabei, gutartige von bösartigen Tumoren zu unterscheiden und so die entsprechenden Behandlungsmethoden festzulegen.

KI erkennt Krebsherde

Die Beurteilung der MRT-Bilder ist komplex, sie muss von erfahrenen Radiologinnen durchgeführt werden. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat das Deutsche Krebsforschungszentrum ein neues Verfahren entwickelt, das mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Bildauswertung erleichtert. Dafür haben die Forschenden ein künstliches neuronales Netzwerk mit MRT-Bildern von Patienten trainiert und anschließend ihr KI-Modell mit Aufnahmen einer unabhängigen Gruppe validiert. Das Ergebnis der Versuchsreihe zeigt:

Die Beurteilung durch die künstliche Intelligenz ist genauso exakt wie die von Menschen durchgeführte.

Die KI identifizierte bei 92 Prozent der an Prostatakrebs erkrankten Patienten die klinisch relevanten Karzinome. Zum Vergleich: Die Radiologen registrierten 88 Prozent. Von den untersuchten Männern, die krebsfrei waren oder deren Tumor nicht behandlungsbedürftig galt, erkannte die KI 47 Prozent korrekt, die Radiologen kamen auf 50 Prozent.

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Trainingseinheiten abkürzen

Das Trainieren künstlicher Intelligenz ist zunächst aufwendig: Um Krebszellen anhand von Form und Länge erkennen und von gesunden Zellen unterscheiden zu können, müssen die Forscherinnen das KI-Modell mit vielen Bildern füttern. Neue Services beschleunigen den Prozess, indem sie Mediziner digital zusammenbringen: Bei der mikroskopischen Untersuchung werden Gewebeproben mit einer speziellen Kamera abgelichtet.

Kamera und Mikroskop im Zusammenspiel

Solche Kameras können Betreiberinnen von Laboren ganz einfach selbst an ihre vorhandenen Mikroskope anbauen. Die aufgenommenen Bilder werden dann, getrennt von jeglichen Patientendaten, in ein zentrales Netzwerk hochgeladen. Im nächsten Schritt können Labormitarbeiter Bildbereiche markieren und kommentieren. Dabei klassifizieren die Pathologinnen und Pathologen Zellen und Strukturen und trainieren im Hintergrund das KI-System weiter.

Pathologen analysieren Scans aus bildgebenden Verfahren.
(Quelle: AdobeStock, Gorodenkoff)
Beispiel Mindpeak

Eine bereits umfänglich trainierte KI, die Brustkrebszellen erkennt, ist Mindpeak. Sie basiert auf einem Algorithmus, der schnell und zuverlässig erkrankte Zellen zählt. Eine Sache, die Pathologen üblicherweise selbst erledigen. Die KI zählt in kürzerer Zeit die zehnfache Menge und kann so ein wesentlich detaillierteres Bild liefern.

Tumor farblich markieren

Darüber hinaus unterstützt das KI-Modell bei der Bestimmung der Tumorzellen: Ein Tumor bringt bestimmte Eigenschaften mit sich. Diese werden mit Hilfe von Farbstoffen sichtbar gemacht. Anschließend wird gezählt, wie viele Zellen auf den Farbstoff reagiert haben und wie viele nicht. Das Verhältnis sagt den Onkologen, welche Therapie und welche Medikamente er für den Patienten einsetzen kann.

Zertifiziertes KI-Modell

Mindpeak ist das erste Unternehmen, das eine sogenannte CE-IVD-Kennzeichnung erhalten hat. Diese folgt gesetzlichen Regelungen der Europäischen Union für diagnostische Medizinprodukte bezüglich Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz. Das KI-Modell kann so als Diagnoseunterstützung europaweit eingesetzt werden.

(Text: Sonja Koesling)

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