Daten sausen durch das Meer

Lesedauer 4 Minuten

Wer in Deutschland eine US-amerikanische Website über einen beliebigen Browser aufruft, den erreichen die Datenpakete von der anderen Seite der Erdkugel innerhalb von Sekunden. Niemand macht sich Gedanken darüber, wie das vonstattengeht.

Eher ärgern wir uns, dass die Downloadrate des Providers heute mal wieder nicht so richtig „funzt“. Wir sind verwöhnt. Jederzeit verfügbar, so hat das World Wide Web zu sein, das mittlerweile auch unsere Smartphones erobert hat.

Wie kommt das Internet zu uns?

Was viele vergessen: Diese Verfügbarkeit basiert auf ausgeklügelten technischen Voraussetzungen. Da ist als erstes das flächendeckende Netz von Mobilfunkmasten, über das Smartphones ihre Signale empfangen. Diese Masten wiederum sind an ein weit verzweigtes Netzwerk von Servern angebunden, also Rechnern, die miteinander verkabelt sind für den Datenaustausch.

Aus diesen Netzen kommen die Informationen auch zum heimischen Router, an den ein PC oder ein Laptop per Kabel / Wlan (also drahtloser Funkübertragung) angeschlossen ist.

Immer noch eine der besten, kürzesten und unterhaltsamsten Erklärungen: Die Folge „Wie funktioniert das Internet?“ aus der Sendung mit der Maus. Auch für Erwachsene!

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Damit Informationen von Kontinent zu Kontinent reisen können, müssen sie über ein weltweit verzweigtes Netz an Kuper- und Glasfaserkabeln übertragen werden. Und ein großer Teil dieser Kabel ist in den Tiefen der Meere verlegt. Wichtige Wegmarken für die interkontinentale Verkabelung:

1811: Samuel Thomas von Sömmerring experimentiert in der Nähe von München mit elektrischen Signalen und mit Gummi isoliertem Draht.

1850: Das erste Seekabel wird zwischen Frankreich und Großbritannien verlegt.

1857: Der Versuch, ein Transatlantikkabel zu verlegen, scheitert.

1956: Das erste transatlantische Telefonkabel (TAT-1) geht in Betrieb.

1988: Mit TAT-8 geht das erste transatlantische Glasfaserkabel in Betrieb.

Kupferkabel versus Glasfaser

Bei Kupferkabeln übernehmen Elektronen die Rolle des „Datenträgers“. Allerdings nimmt die Signalstärke in Kupferkabeln schon nach wenigen Kilometern ab. In Glasfaserkabeln hingegen bleibt die Geschwindigkeit der Datenpakete sogar über größte Distanzen nahezu gleichbleibend hoch. Denn in den haarfeinen Glasfasern werden optische Signale mit Lichtimpulsen über Photonen übertragen.

Seit Mitte der 1990er Jahre haben Glasfaserkabel die Kupferkabel fast vollständig verdrängt. Über die Jahre hat sich der Datentransfer massiv erhöht. Auch die Zahl der Menschen, die Zugang zum Netz haben, hat sich seit seinen Anfängen in den 50er Jahren enorm gesteigert.

beenhere

Lesetipp

Wer sich für die Geschichte des Computers interessiert, findet hier einen interessanten Artikel aus unserer Recherche.

Wie die Kabel in die Meere kommen

Spezielle Schiffe (Cable Laying Ships) transportieren die schweren Kabelrollen und verlegen das Kabel mit der Hilfe von Sensoren, die den Meeresgrund genau vermessen und unter die Lupe nehmen. Der Verlauf von Naturschutzgebieten, Schifffahrtsrouten und geologischen Besonderheiten wird bei der Verlegung besonders berücksichtigt.

Vor allem Erdbebengebiete, aktive Vulkane und Korallenriffe werden idealerweise umgangen. Verlauf und Beschaffenheit der Kabeltrasse bestimmen, wie stark das Kabel ummantelt und welche Technik bei der Verlegung verwendet wird.

Es geht auch um Macht

Ursprünglich lag die Verlegung der Kabel bei den klassischen Telekommunikationsunternehmen. Mittlerweile übernehmen das Tech-Konzerne wie Google, Microsoft oder Facebook. Den beiden Letzteren gehören die zwei aktuell wichtigsten Transatlantikkabel, Google finanziert den größten Teil des neuen Dunant-Kabels.

Insgesamt gehen cirka 98 Prozent des Datenverkehrs über die Tiefseekabel – ein Umstand, aus dem sich weitreichende Folgen für Weltwirtschaft und politische Machtgefüge ergeben. (Anmerkung der Redaktion: Mehr davon in der Linksammlung unterhalb des Artikels.)

Wie viele und welche Tiefseekabel gibt es?

Anfang 2020 waren weltweit rund 406 Seekabel mit einer Gesamtlänge von circa 1,2 Millionen Kilometern in Betrieb. Ab 2021 sind es 426 Kabel mit 1,3 Millionen Kilometern. Zum Vergleich: Wer einmal um die Erde reist, legt 40.075 Kilometer zurück. Mit allen Seekabeln aneinandergelegt, kann man die Erde rund 30mal umwickeln.

  • SEA-ME-WE 3: Das längste Seekabel der Welt und vernetzt bereits seit 20 Jahren Australien mit Asien und Europa.
  • EllaLink: Verbindung zwischen Südamerika und Europa. Vor wenigen Wochen fertiggestellt, soll das Kabel im April 2021 in Betrieb gehen.
  • 2Africa: Ziel des Projektes ist es, mit einer neuen Untersee-Kabelverbindung das Internet in 23 afrikanischen Ländern sowie in Europa und dem Nahen Osten zu verbessern. Dafür wird ein 37.000 Kilometer langes Kabel um Afrika herum und zwischen dem Kontinent und Europa sowie Nahost verlegt. Durchgeführt wird das Projekt von einem internationalen Konsortium, zu dem Unternehmen wie Vodafone, Orange, Facebook oder China Mobile International gehören.
  • Dunant: Verbindung mit einem 6.400 Kilometer langem Kabel zwischen Europa und den USA.

Google hat das aus 12 Glasfaser-Paaren im SDM-Design (Space-Division Multiplexing) bestehende Kabel namens Dunant, das eine Datenübertragungsrate von bis zu 250 Tbit/s erreicht, bereits im dritten Quartal 2020 in Betrieb genommen. Erst 2018 hat der Tech-Riese das Kabel angekündigt und das Unternehmen SubCom, eines der führenden Unternehmen im Tiefeekabel-Geschäft, mit der Ausführung beauftragt.

(Recherche: Lisa-Shirin Raja, Text: Andrea Brücken)

Mehr Input

  • Wie funktioniert das Internet?
    giga.de
  • Nervenbahnen des Netzzeitalters
    tuev-nord.de
  • Machtkampf um Datenkabel im Meer
    handelsblatt.com
  • Das Geschäft mit Tiefseekabeln – Wer kontrolliert den Datenverkehr?
    SWR2 Wissen
  • Google Dunant: Unterseekabel mit 250 Tbit/s
    heise.de
  • Kabel, die die Welt zusammenhalten
    sueddeutsche.de
  • EU plant neue Seekabelverbindung über Arktis
    golem.de
  • Podcast: Unterseekabel – Lebensadern der Informationsgesellschaft
    br.de

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